heiko Moderator
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 290
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Verfasst am: 05.10.05, 18:44 Titel: 1. teil |
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Einsatz von Lamas und Alpakas in der Therapie
Fragen von Mary Cole und Karin Bührmann/Kanada
an den Sozialtherapeuten Heiko Möller
Frage: Bei welchen Diagnosen ist eine Lama/Alpaka-Therapie angezeigt?
Antwort: Bisherige Erfahrungen in der Lama-Therapie wurden mit Menschen mit folgenden Krank- heitsbildern gemacht: Epilepsie, Hysterie, Autismus, Downsyndrom, starke Verhaltensauffäl- ligkeiten und Hirnschädigungen durch Sauerstoffmangel bei der Geburt. Weitere Erfahrungen liegen mit Suchtabhängigen Menschen im Bereich Alkohol, Tabletten und starke Rauschmittel wie Heroin sowie bei Patientinnen mit Essstörungen, usw., vor.
Frage: Wie lange arbeitet der Betreute mit dem Tier in einer Sitzung? Mehr als einmal am Tag, täglich, wie oft in der Woche?
Antwort: Dies ist sehr unterschiedlich. Es hängt ganz von der Aufnahmefähigkeit und Konzentration des einzelnen Betreuten und der Kontaktfähigkeit des Tieres ab. Zunächst zwischen 2-5 Minuten pro Sitzung. Hierbei ist das Tier angehalftert und es ist im Stall. In der Regel sollte dreimal in der Woche mindestens ein Kontakt mit den Tieren hergestellt werden, um ein sich aneinander gewöhnen zu ermöglichen und bestehende Berührungsängste abbauen zu können. Besondere Erfolge sind zu erleben wenn nach und nach die Betreuten Pflegearbeiten an und mit den Tieren übernehmen können. Stalldienste (Füttern, Ausmisten, Striegeln usw.) machen es den Betreuten erlebbar das man für Tiere Verantwortung übernehmen kann. Dies stärkt besonders das Selbstwertgefühl.
Frage: Welche therapeutischen Ziele setzen Sie wenn die Betreuten mit den Tieren arbeiten?
Antwort: Im Besonderen können folgende Ziele gesetzt werden: Bei autistisch veranlagten Menschen geht es in erster Linie darum die eigenen Kontaktmöglichkeiten in die Umwelt zu entwickeln. Oft sind diese Menschen unfähig eigene Wünsche und Gefühle Anderen mitzuteilen. Sie leben in ihrer auf ihr Innenleben bezogenen Welt. Blickkontakte und Gespräche mit Menschen halten sie kaum oder gar nicht aus, oft fangen sie an zuschreien. Hier kann das dem Menschen zugewandte Lama oder Alpaka als Mittler wirken.
Ein weiteres Ziel ist die Stärkung des Selbstwertgefühls. Oft sind Behinderte oder durch Sucht Geschädigte in ihrem Selbstwertgefühl und ihrem Selbstbewusstsein stark eingeschränkt. Sie trauen sich kaum etwas zu. Das Führen der Tiere am Führstrick, das sich verantwortlich zeigen für ein doch von ihnen abhängigen Lebewesen, ruft bei ihnen ein sich festigendes Selbstbewusstsein hervor. Die Möglichkeit freundschaftliche Gefühle gegenüber den Tieren zeigen zukönnen, ohne gleich zurückgestoßen zuwerden, den Tieren die eigenen Gedanken im Zwiegespräch mitzuteilen und über Jahre eine gefestigte Beziehung aufzubauen sind wesentliche Vorteile die durch den Umgang mit diesen Tieren möglich werden.
Frage: Was machen die Betreuten mit den Tieren, wie z.B. nehmen sie Beziehung auf, beschäftigen sie sich mit dem Tier, etc?
Antwort: Wie schon angedeutet versuchen wir den Kontakt durch alltägliche Pflege der Tiere ausmisten, füttern usw. zu vertiefen. Hier zeigt sich auf längere Sicht wie wichtig auch für Behinderte es ist eine Tätigkeit zu verrichten in der sie die Notwendigkeit und Verantwortung erkennen können.
Frage: Werden auch andere Therapien zusammen mit der Lama/Alpaka-Therapie angewandt? Gibt Wird die Therapie individuell variiert oder wird dieselbe Methode für alle Betreuten angewandt?
Antwort: Selbstverständlich ist die Lama/Alpakatherapie ergänzend im Zusammenhang mit anderen Therapien zusehen, sie kann nicht z.B. die notwendigen menschlichen Kontakte ersetzen, aber gerade bei Menschen die nicht in der Lage sind direkten Kontakt zu ihren Mitmenschen aufzunehmen, treten die Lamas und Alpakas als Mittler ein. Bisher werden die verschiedenen Therapien (künstlerische, sportliche und musikalische, medizinische) individuell auf den einzelnen Behinderten abgestimmt.
Frage: Was sind die Hauptkriterien, wenn ein Lama/Alpaka für die Therapie ausgesucht wird?
Antwort: Lamas und Alpakas sind von ihrer Wesensart her dem Menschen sehr zugewandt und neugierig. Sie sind ganz Sinnenorientiert und ihr Wesen und ihre Erscheinung sind geprägt durch Anmut, Weichheit des Felles und in ihrer Lautäußerung sanftmütig. Überwiegend kommen Wallache und Junghengste in der Therapie zum Einsatz. Wichtig bei der Auswahl der Tiere ist ein eindeutiger Charakter. Es sollen keine Tiere mit längerer Hengsterfahrung zum Einsatz kommen, da diese Tiere dann möglicherweise ihr Verhalten auch auf den Menschen anwenden. Auf keinen Fall dürfen fehlgeprägte Tiere verwendet werden, auch Guanakomischungen können problematisch sein.
Frage: Wie sind die Tiere trainiert, bevor sie in der Therapie eingesetzt werden?
Was wird von dem Tier erwartet, was soll es können?
Antwort: Die Tiere erhalten zunächst eine solide Trekkingausbildung zusätzlich müssen sie an unkontrollierte Berührungen besonders an den Ohren und Beinen gewöhnt sein. Andererseits ist es sehr hilfreich wenn sich Lamas/Alpakas auf Zuruf hinlegen, Treppen steigen und in Wohnungen gehen können und sich auch von ihnen unbekannten Menschen am Strick führen lassen.
Frage: Wie trainieren Sie Ihre Tiere? Was für ein Verhalten kann man beobachten, wenn die Tiere richtig trainiert sind?
Antwort: Die Tiere werden über mindestens ein halbes Jahr ausgebildet, beobachtet, bei Veranstaltungen eingesetzt werden und an den engen Kontakt zum Menschen gewöhnt sein. Sie sollen die Erfahrung machen, dass von den Menschen keine Gefahr ausgeht. Besonders hilfreich ist hierbei die Tellingten-Jones Methode, die von einer sanften und beiderseitigen Zusammenarbeit von Mensch und Tier ausgeht. Es sollte Mensch und Tier Freude bereiten miteinander zu arbeiten.
Frage: Wird es von den Betreuten erwartet, dass sie diese Trainingsmethoden lernen?
Antwort: Je nach Fähigkeit des einzelnen Betreuten kann man Teile der Trainingsmethoden mit den Betreuten gemeinsam anwenden. Sodas sie nach und nach selbstständig mit den Tieren arbeiten können.
Frage: Was erwarten Sie, wenn Sie mit den Betreuten arbeiten?
Antwort: Zunächst werden keine Erwartungen oder Ziele an die Arbeit mit den Betreuten und Tieren gesetzt, sondern beobachtet wie der einzelne auf die Tiere anspricht, zeigen sich Ansätze der aktiven Kontaktaufnahme von beiden Seiten, wird versucht diese zu unterstützen. Ein Beispiel steht hier stellvertretend für weitere. Ein Betreuter mit autistischen Tendenzen hatte bisher kein Interesse Kontakt mit irgendeiner Art von Tieren auf zunehmen. (z.B. Hunde, Katzen, Schafe, usw.) erst als Lamas und Alpakas in die Einrichtung kamen zeigte er Interesse und fand den Mut ein Tier auch einmal anzufassen. Die Entwicklung setzte sich fort bis zum selbstständigen Führen von Alpakas und der freudigen Äußerung das es ihm Spaß mache mit den Tieren zuarbeiten.
Frage: Gibt es da eine bestimmte Philosophie oder therapeutische Lehre, der sie folgen, oder als Leitfaden gebrauchen?
Antwort: Boris Levinson Ph.D. gilt als einer der Gründungväter der Mensch/Begleittier-Bindungs-Bewegung in den USA. Er schrieb auch einige Bücher über dieses Thema. Ebenso hat die Beschäftigungstherapeutin Mona Sams wesentliche Entwicklungen in der Lama-Therapie hervor gebracht. Ausgehend von dem anthroposophischen Menschenbild, von Rudolf Steiner, entwickelt sich der Ansatz für die Arbeit mit den Behinderten und den Tieren.
Frage: Haben Sie irgendwelche Daten gesammelt in Hinsicht auf Llamas und Alpakas in der Therapie. Haben sie Daten von Studien, die über eine längere Zeit gegangen sind oder auch nur eine kurze Zeit? Können Sie irgendwelche Artikel oder Studien zum Lesen vorschlagen.
Antwort: In der Hubertusmühle wurden Arbeitsvideos mit Betreuten gemacht und es gibt kurze Erlebnisberichte von den Betroffenen. Vom Fachkrankenhaus Höchsten gibt es Erfahrungs- und Erlebnisberichte über die Arbeit von und mit suchtkranken Frauen. Über die Arbeit von Mona Sams wurden mehrere Filme von nordamerikanischen Fernsehanstalten gedreht. Zur Zeit finden Versuche statt, diese Form der Therapie wissenschaftlich auszuwerten. Ebenfalls wird zur Zeit ein Fernsehfilm vom Arbeitskreis Behinderte in den Medien über Tiere in der Therapie, unter anderem mit Lamas, produziert. Im September 2001 erscheint ein Buch von der Autorin Dr. Carola Otterstedt zum gleichen Thema. |
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